Leicht und Fit
Basiskurs in gesunder Ernährung und Bewegung
Modul 7
Tabelle
Rezepte
Modul 7
ZUCKER IST KEINE NERVENNAHRUNG
Zucker der Vitaminräuber
Zucker greift den ganzen Körper an
wie man Diabetes vorbeugen sollte
leckere süße Rezepte ohne Zucker
Als der Zucker noch eine Zuckerrübe war, steckte er voller hochwertiger Vitalstoffe. Für das Zuckerrohr gilt dasselbe. Aber irgendwann hat etwas in der Verarbeitung dieser Pflanzen sie zu einem gesundheitlich bedenklichen Produkt gemacht und uns bis heute ernsthafte Probleme beschert. Deshalb wollen wir wissen, wie:
- Zucker zum Vitaminräuber wurde
- Zucker den ganzen Körper angreift
- man Diabetes vorbeugen sollte und
- leckere süße Rezepte ohne Zucker zubereitet werden
DIE LANGE REISE DES „SÜSSEN GOLDES“ IN UNSEREN ALLTAG
Den süßen Geschmack des Zuckerrohrsaftes kennt die Menschheit seit rund 10.000 Jahren. Es begann in Neuguinea, wo die begehrten Pflanzen gezüchtet wurden, weil ihnen zunächst mystische Kräfte zugeschrieben wurden und man sie für religiöse Zeremonien und auch als Medizin benutzte.
Schnell gelangte die wundersame Pflanze von dort aus über die Philippinen, und Indien bis nach Persien, wo um das Jahr 600 herum die Herstellung des Zuckerhuts entwickelt wurde. Der Siegeszug des auskristallisierten Zuckers in den Westen und schließlich in die Neue Welt auf den amerikanischen Kontinent war nicht mehr aufzuhalten.
Mitte des 18. Jahrhunderts wurde in Europa entdeckt, dass die Runkelrübe den gleichen Zucker enthält wie Zuckerrohr. Rasch wurde sie zur Zuckerrübe weiter gezüchtet und löste wenig später den Rohrzucker aus Übersee weitgehend ab. Seither wird der immense Bedarf in Europa vor allem aus dem hiesigen Rohstoff gedeckt. Die anspruchslose Pflanze erlaubt den Anbau in großem Stil, sodass aus dem ehemals „süßen Gold“ ein preisgünstiges Nahrungsmittel wurde, das sogar für viele andere Produkte als billiger Füllstoff verwendet wird.
VOM „ENERGIEBOOSTER“ ZUM VITAMINRÄUBER
Jahrzehntelang hat die Süßwaren-Industrie mit geschickter Werbung versucht, den Genuss von Zucker zu verharmlosen. Generationen von Kindern, besonders in den Industrienationen, sind mit Werbesprüchen aufgewachsen wie „Ohne Zucker wär‘ das Leben halb so süß“ (1981), “Mit Zucker lacht das Leben“ (1998) oder noch in den 2000er Jahren: „Brauchen wir nicht alle etwas Süßes?“. Süßigkeiten sind auch heute noch vielfach der Favorit, wenn Kinder bei kleinen Wehwehchen oder Frust schnell getröstet werden sollen. Und Erwachsene greifen zum Energieriegel oder reinem Traubenzucker als „Nervennahrung“.
Würden wir das gesamte Zuckerrohr oder die ursprüngliche Zuckerrübe essen, dann könnte das sogar klappen. Denn damit würden wir in den Genuss all ihrer Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente kommen, die hauptsächlich in der Rinde bzw. Schale sitzen.
Im Herstellungsprozess in der Raffinerie allerdings werden die Zuckerrüben nach dem Waschen geschnetzelt, dann ausgelaugt und zum Reinigen wird Kalk zugesetzt. Dabei werden die Vitamine bereits weitgehend zerstört. Für die schöne weiße Farbe kommen in weiteren Verarbeitungsschritten Ätzkalk und schwefelige Säuren zum Einsatz. Häufiges starkes Erhitzen vernichtet auch die letzten Vitalstoffe. Der dabei entstandene Fabrikzucker liefert nichts weiter als hohle Kalorien ohne den geringsten Nährwert, dafür jedoch mit einem hohen Schädigungspotenzial für unsere Gesundheit. All seiner wertvollen Inhaltsstoffe beraubt, verbraucht er bei seiner Verstoffwechselung Mineralien und Vitamine, wie er sie im Organismus finden kann.
Besonders betroffen sind die B-Vitamine. Vitamin B1 beispielsweise wird für die Zellwände der Nervenstränge gebraucht, um an der Übermittlung der Nervenimpulse an das Gehirn mitzuwirken. Außerdem ist es von großer Bedeutung für die Produktion von Serotonin, einem Hormon, das für Ausgeglichenheit sorgt. Raubt Zucker dieses Vitamin, schädigt er also in zweierlei Hinsicht unsere Nerven: Statt als „Nervennahrung“ wirkt er als Angreifer auf unser Nervenkostüm.
MACHT ZUCKER DICK UND ALT?
Dass Zucker den Zahnschmelz angreift, ist hinlänglich bekannt. Wen wundert es, dass seine Säure auch weniger harten Materialien im Körper schadet? Auch den Zusammenhang mit Diabetes und Übergewicht durch hohen Zuckerkonsum mag kaum noch jemand bestreiten.
Der raffinierte Haushaltszucker steht außerdem zunehmend im Verdacht, das Risiko für Arthrose, Demenz, Gicht, Rheuma, Krebs, Herzkrankheiten und Leberschäden zu erhöhen.
Viel Zucker in der Nahrung stört zunächst die Zusammensetzung der Darmflora, also das Mikrobiom. Dies zieht eine Schwächung des Immunsystems nach sich. Das kann sich als schlechtes Hautbild zeigen, wenn Blutgefäße, Membrane und andere Moleküle im Körper „verzuckern“ und anfälliger für Entzündungen und Akne werden. Die Zellen wirken uneben und erschlaffen, was den Alterungsprozess insgesamt beschleunigt.
Ärzte sprechen im Zusammenhang mit durch Zucker ausgelöste Erkrankungen vom Stoffwechselsyndrom oder auch vom „tödlichen Quartett“: Übergewicht erhöhter Blutdruck, schlechte Cholesterinwerte und letztlich Diabetes.
ZUCKER ALS PSYCHODROGE
Zucker wirkt auch auf unsere Psyche: Er hat eine derart weit reichende Wirkung auf unser seelisches und mentales Befinden wie kaum ein anderes legales Lebensmittel. Die Symptome hierbei reichen von Konzentrationsschwäche über Angst- und Schlafstörungen bis hin zu Depressionen, weshalb man landläufig auch vom Zucker als Psychodroge spricht.
Die Wirkung von Zucker folgt dem klassischen Muster von Suchtmitteln: Nach einem zuckerhaltigen Snack, einer Portion Pizza, Pasta oder zwei Scheiben Weizenbrot mit Marmelade oder Wurstaufschnitt spürst du wahrscheinlich erst einmal einen Energieschub. Das ist keine Täuschung! Der zugeführte Zucker führt nämlich nicht nur zur schnellen Insulin-, sondern auch zu einer erhöhten Ausschüttung von Dopamin und Tryptophan, dem Baustein für Serotonin. Die „Glückshormone“ heben tatsächlich die Stimmung und lassen uns ein Leistungshoch erleben. – Allerdings nur sehr kurzfristig, weil ja das Insulin zügig daran arbeitet, die Zuckerkonzentration im Blut wieder zu senken. Oft rutscht dieser im Eifer der Ereignisse tiefer als Normalniveau – was wir als Leistungsloch mit Motivations- und Konzentrationsschwäche erleben. Hier hat das Hungerhormon Ghrelin das Kommando übernommen. Es macht dich unkonzentriert, müde und gereizt. In dieser „Unterzuckerung“ signalisiert dein Körper dem Gehirn Verlangen nach Nahrung, idealerweise solche, die Zucker liefert, also Kohlenhydrate.
Das ist die Erklärung dafür, wenn du auch wider besseres Wissen schon bald nach dem Mittagessen wieder zu Gummibären oder gar dem Stück Sahnetorte greifst. Der Hormoncocktail im Gehirn täuscht uns eine Notlage vor, die gar nicht existiert. Jedenfalls nicht akut.
Das unruhige, unausgeglichene Gefühl der Unterzuckerung ist kein Schmerz, jedoch so unangenehm und drängend, als ginge es ums Überleben. Und das Gefühl der Erleichterung nach den ersten Löffeln Eis, den ersten Schlucken süßer Limonade oder ein paar Butterkeksen ist so stark, dass damit ein wahres Hochgefühl ausgelöst wird.
Fälschlicherweise ist für dieses Stimmungshoch eben gerade NICHT der aufgenommene Zucker verantwortlich. Wir genießen es lediglich, dass wir das „Leiden“ unter der vorherigen Unterzuckerung beenden.
Hätten wir bei der letzten Mahlzeit einen ausgewogenen Mix aus komplexen Kohlenhydraten, Eiweiß und gesunden Fetten aufgenommen, wäre unser Blutzucker weniger stark nach oben bzw. nach unten ausgeschlagen. Das echte Hungergefühl empfänden wir als viel weniger stark oder bedrohlich, weil der Organismus aus den guten Reserven noch Stunden nach der Mahlzeit schöpfen kann.
WIE REAGIERT DIE BAUCHSPEICHELDRÜSE AUF SCHOKOLADE?
Im Verdauungstrakt werden alle Kohlenhydrate zu Glukose umgebaut, egal, ob sie aus Einfach-, Zweifach- oder Mehrfachzuckern bestehen. So liefern nicht nur raffinierter Zucker (Monosaccharid), sondern auch Gemüse, Früchte, Getreide und Nüsse komplexe Kohlenhydrate und damit Energie für Hirn und Muskeln.
Das zentrale Organ bei der Verstoffwechselung von Kohlenhydraten ist die Bauchspeicheldrüse. Sie achtet darauf, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu hoch ansteigt. Unsere Speichel-Enzyme zerlegen bereits im Mund die Kohlenhydrate in ihre Bestandteile Glukose und Fructose. Die Glukose gelangt über Magen und Darm ins Blut. Von dort wird sie in die Körperzellen transportiert und soll dort eigentlich als Brennstoff für unsere Zellen fungieren.
Wird allerdings die gelieferte Energie nicht in vollem Umfang benötigt, speichert der Körper den Überschuss, z. B. von Zucker aus Schokolade oder Keksen, in den Fettzellen als „Reserve für schlechte Zeiten“ ab.
Bei einfachen Kohlenhydraten steigt der Zucker im Blut rasant schnell an. Die Bauchspeicheldrüse reguliert ihn mit dem Hormon Insulin immer wieder herunter. Dies ist ein fein austarierter Vorgang, der jedoch gestört wird, wenn wir zu viel und zu oft Süßes zu uns nehmen. Dann wird der Anstieg des Blutzuckers evtl. mit einem Übermaß an Insulin beantwortet und er wird zu weit nach unten gedrückt.
HEISSHUNGER VERDRÄNGT ECHTEN HUNGER
Ein fataler Teufelskreis ist in Gang gesetzt: Ein niedriger Blutzuckerspiegel lässt Hungergefühle entstehen – je tiefer, desto übermächtiger und uns nur zu gut als „Heißhunger“ bekannt. Um das unangenehme Hungergefühl so schnell wie möglich abzustellen, verlangt unser Reptilienhirn bei solchen Attacken leider nach raschen (Überlebens-) Lösungen, also wiederum nach den „schnellen“ Einfachzuckern. Und so nimmt ein ewiges Auf und Ab von Blutzuckerspitzen und -Tiefständen seinen Lauf.
Im schlimmsten Fall gerät dabei das Hunger- und Sättigungssystem völlig durcheinander. Dies wird normalerweise durch das Hungerhormon Ghrelin und seinen Gegenspieler, das Sättigungshormon Leptin gesteuert. Beide werden bei hohem Zuckerkonsum im Übermaß produziert, was dazu führt, dass der Körper quasi unempfindlich dagegen wird und wir weder dem Signal „Sättigung“ noch dem des „Hungers“ vertrauen können.
Eine Insulinresistenz hat noch fatalere Folgen: Da Insulin auch im Zentrum des Gehirns benötigt wird, wo Erinnerungen verarbeitet werden, steht der Zucker damit indirekt auch im Verdacht, das Gedächtnis zu verschlechtern. Mit Effekten von leichten Merkproblemen bis hin zu Alzheimer und Demenz.